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Mark Selby ist Snooker-Weltmeister

5 Mai

Er hat es endlich geschafft: Mark Selby hat im Finale der Snooker-WM einen 18:14-Sieg gegen Ronnie O’Sullivan eingefahren und sich zum Weltmeister gekürt. Der Jester From Leicester gehört damit zu einem elitären Club, da er in den Jahren zuvor schon das Masters und die UK Championship gewonnen hat – die Triple Crown.

Er war bereits die Nummer eins der Welt, wird von seinen Gegnern ob der Matchhärte und Kämpfermentalität gefürchtet. Doch der ganz große Wurf war ihm bisher versagt geblieben. Und im Vorfeld des Finals sahen viele Experten seinen Gegner im Vorteil – diese Einschätzung wurden nach den ersten Sessions bestätigt.

Denn Selby lag mit 3:8 und 5:10 im Hintertreffen. Klar, er hatte das schwerere Programm, musste in den Runden zuvor Ali Carter und Neil Robertson ausschalten. Doch von Müdigkeit oder Nervenflattern keine Spur. Das Finale geht eben über eine lange Distanz und auch wenn O’Sullivan ein Front-Runner ist, Selby blieb ruhig und lauerte auf die Schwächen des Gegners.

Beim Rückstand von 5:10 drehte Selby plötzlich auf, gewann zehn der folgenden zwölf Frames und machte dann den Sack zu. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zwei Gründe waren meiner Meinung nach ausschlaggebend: Auf der einen Seite hatte Selby seine Nerven im Griff, blieb mental stark und ließ sich nicht von der Aura des Gegners beeindrucken.

Viel wichtiger war allerdings, er bestrafte die Fehler von O`Sullivan, spielte konstant auf einem hohen Niveau. Das hatten die Gegner des Engländers in den Runden zuvor nicht geschafft. Auch da war der bis dato amtierende Weltmeister nicht ohne Fehler gewesen, bekam jedoch zu selten die Quittung ausgestellt.

Dazu ist Selby einer der komplettesten Spieler der Tour. Einzig im Breakbuilding gibt es zahlreiche Spieler, die ihre Vorteile haben. Diese „Schwäche“ kompensiert der Jester allerdings durch seine Beharrlichkeit, die den Gegnern schon im Vorfeld das Fürchten lehrt. Selby hat so in diesem Finale gezeigt, wie man O’Sullivan schlägt.

Ich freue mich für Mark Selby, der diesen Titel wirklich verdient hat. Seit Jahren spielt er auf einem guten Niveau und ist einer der Spieler, die die ganze Breite des Spiels abdecken. Natürlich macht es viel Spaß, sich O’Sullivan in Top-Form anzuschauen. Hohe und schnelle Breaks, die gerne spektakulär sind.

Aber Snooker ist mehr als hohe Breaks. Ich sehe gerne Safe-Schlachten, verworrene Bilder und Frames von 50 Minuten. Und wenn man ehrlich ist, der Weltmeister muss nicht immer Ronnie O’Sullivan heißen. Freuen wir uns über den Sieg von Mark Selby und ein Finale, das in der entscheidenden Session gerne mehr Spannung hätte bieten können.

Dennoch war es das wohl beste Finale der letzten Jahre. „Ich habe alles versucht, aber Mark war einfach zu stark“, erklärte O’Sullivan nach dem Match. „Ich gebe niemals auf, dass ist eben meine Devise“, beschrieb es Selby, der – um es nochmals zu sagen – ein würdiger Weltmeister ist. Mir hat die WM wie in jedem Jahr sehr viel Spaß gemacht und freue mich nun einfach für den Champion.

Snooker-WM: Das Halbfinale

1 Mai

Halbfinale im Crucible Theatre zu Sheffield und ganz knapp sind wir ein einer kleinen Sensation vorbeigeschlittert. Denn Spaceman Dominic Dale stand kurz davor, in die Runde der letzten Vier einzuziehen. Am Ende unterlag er Barry Hawkins mit 12:13. Neben Hawkins lösten Ronnie O’Sullivan, Mark Selby und Neil Robertson das begehrte Ticket.

Dabei hat Robertson natürlich beeindruckt und im Spiel gegen Judd Trump sein 100. Century in dieser Saison gespielt. Ein Meilenstein in der Snooker-Geschichte. Natürlich muss man sagen, dass die Spieler früher weniger Turniere absolviert haben. Aber trotzdem, der Australier ist eine Break-Maschine und das zeigte er auch gegen Trump.

Dort stand Robertson mächtig unter Druck, lag mit 8:11 im Hintertreffen. Die letzten fünf Frames holte er sich dann in einem Abwasch und ist auch den Druck los, die 100 Centurys knacken zu wollen und müssen. Das hätte ihn belasten können, nun kann er befreiter aufspielen und das Erreichen der Marke wird ihm zusätzlich Rückenwind geben.

Allerdings trifft Robertson auf Mark Selby, der nach dem Sieg gegen Ali Carter im Schonprogramm das Halbfinale erreichte. Gegen Alan McManus hatte der Jester am Ende wenig Probleme und setzte sich locker mit 13:5 durch. Ob das nun ein Vor- oder Nachteil ist? Auf der einen Seite konnte er Kraft sparen und geht ausgeruht in das Duell.

Aber im Vergleich zu Robertson könnte es passieren, dass er nicht richtig im Wettkampf ist und eine Zeit braucht, um sich an den wesentlich stärkeren Gegner zu gewöhnen. Das ist natürlich Spekulation und bei einem Turnier von 17 Tagen ist es oft die Kraft, die am Ende den Ausschlag gibt. Wie oft haben wir Finals gesehen, die nicht ansatzweise das Niveau der Halbfinals erreichten.

Es wird sicherlich ein spannendes Match, da zwei Philosophien aufeinander prallen. Robertson ist ein Offensivspieler, der mit langen Einsteigern und gutem Breakbuilding glänzt. Selby ist der mental vielleicht stärkste Spieler, der mit hartem Matchplay ganz schwer zu knacken ist und jeden Spieler an den Rand der Verzweiflung bringen kann.

Mein Tipp: 17:14 für Neil Robertson

Im zweiten Halbfinale versucht Ronnie O’Sullivan einen weiteren Schritt zu machen, um seinen Titel zu verteidigen. Bislang konnte der Weltmeister in Teilen durchaus beeindrucken. Runde eins können wir uns schenken, aber in Runde zwei traf er auf Joe Perry und musste sein ganzen Können aufbringen, um am Ende knapp mit 13:11 zu gewinnen.

Wir müssen nicht darüber sprechen, ob O’Sullivan ein guter Snooker-Spieler ist. Beeindruckend ist mittlerweile der Wille und die mentale Stärke. Selbst bei Rückständen bleibt er ruhig und glaubt an seine Chance. Perry kann ein Lied davon singen und auch Shaun Murphy, der im Viertelfinale mit 3:13 unterging, musste hinterher anerkennen, keine Chance gehabt zu haben.

Murphy sprach davon, dass O’Sullivan einfach der beste Spieler der Welt sei und man sich vorkommen würde, als sei man nur Gast am Tisch des Engländers. Wir dürfen gespannt sein, wie Barry Hawkins sich schlägt. Denn Hawkins ist noch ein anderes Kaliber als Murphy. Nicht aus der Sicht des Spielerischen, eher was den mentalen Gesichtspunkt angeht.

Im vergangenen Jahr trafen sich beide Spieler im Finale, Hawkings unterlag mit 12:18. Dennoch attestierte ihm O’Sullivan später, selten so einen hartnäckigen Gegner gehabt zu haben. Und da liegt auch die Chance von Hawkins. Er weiß, dass er spielerisch nicht mithalten kann und sich kaum Fehler leisten darf. Aber er ist mental stark genug, um das aushalten zu können und wird einen Plan haben, den er Schritt für Schritt durchsetzen will.

Mein Tipp: 17:15 für O’Sullivan

 

Snooker-WM: Tschüß, Herr Bingham!

20 Apr

Es ist April und das Wetter wird schöner. Das bedeutet: es ist Zeit für die Snooker-WM. Lange habe wir warten müssen, nun wird der geneigte Fan des Gentlemen-Sports zum Stubenhocker. Dabei muss ich ja sagen, dass es eine der Situationen ist, in der ich mich ärgere, nicht mehr hauptberuflich als Sportjournalist zu arbeiten.

Denn dieser Job hat so seine Vorteile und die liegen auf der Hand. Man kann praktisch rund um die Uhr die sportlichen Ereignisse verfolgen. Nun gut, momentan befinden wir uns in den Feiertagen und daher ist es natürlich kein Problem. Ronnie O’Sullivan hat als Titelverteidiger am gestrigen Tag den Anfang gemacht und den Finnen Robin Hull locker mit 10:4 besiegt.

Gerade in der ersten Session legte er einen starken Auftritt an den Tag, spielte Breaks von 124, 69, 81, 60 und 90. Dass er es am Abend ruhiger angehen ließ, war zu erwarten. Die Lochquote von 95 Prozent konnte O’Sullivan nicht halten und erklärte später auch, die hohe Führung und das Wissen, nur noch drei Frames gewinnen zu müssen, können ein wenig lähmen.

Dennoch war es ein sehr solider Auftritt und nun kann sich der Weltmeister das bunte Treiben in Ruhe ansehen, wird wohl auch nicht vor Ort bleiben und sich in den eigenen vier Wänden auf sein nächstes Match vorbereiten. Neben Ronnie O’Sullivan ist Ding Junhui für mich der große Favorit auf den Titel. Der Chinese trifft nachher auf Michael Wasley.

Nach fünf Titeln im Laufe der Saison ist es klar, dass auch ein gewisser Druck auf ihm lastet. Jeder Fan und jeder Fachmann traut ihm den großen Wurf zu. Dabei hat er gelernt, dem Druck standzuhalten – immerhin hat er die fünf Finals gewonnen. Dennoch bin ich sehr gespannt, wie er ins Turnier kommt. Denn das Curucible ist das Mekka, der Ort, an dem man sich beweisen muss.

Erstaunt bin ich über die schwache Leistung von Stuart Bingham. Der Engländer hat zwar keine sonderlich gute Saison gespielt, aber eine 5:10-Niederlage in Runde eins gegen Ken Doherty habe ich nicht erwartet. Neben O’Sullivan scheinen die Favoriten ohnehin mehr Probleme zu haben, als gedacht – wobei man ja sagen muss, dass die Spitze immer enger zusammenrückt.

Darüber habe ich schon öfter geschrieben und es wird interessant zu beobachten sein, wie viele der Top 16-Profis Runde eins überstehen. Bingham ist bereits raus und Shaun Murphy – mein Geheimfavorit auf den Titel bei der Snooker-WM – liegt gegen Jamie Cope mit 4:5 hinten. Das ist für mich eine große Überraschung, denn Murphy schien zuletzt in bestechender Form.

Und auch Ali Carter hat seine liebe Mühe und Not mit Xiao Guodong, führt immerhin knapp mit 5:4 – ganz im Gegensatz dazu steht Stephen Maguire beim Stand von 3:6 einmal mehr vor dem Aus in Runde eins. Der Merlin of Milton sieht sich einen stark aufspielenden Ryan Day gegenüber, der die walisische Flagge hält, nachdem Stevens und Williams in der Qualifikation gescheitert sind.

Wie dem auch sei, der erste Tag in Sheffield hat schon viel Spaß gemacht und ich freue mich derbe auf die Auftritte von Ding Junhui, Mark Allen, Neil Robertson, John Higgins, Mark Selby und wie sie alle heißen. 17 Tage Snooker zum Genießen!

 

 

 

Braucht Snooker eine Revolution?

6 Apr

Die China Open sind absolviert und Ding Junhui darf nach seinem Sieg gegen Neil Robertson als großer Favorit auf den WM-Titel gelten. Erneut setzte sich der Chinese bei einem Ranglisten-Turnier durch und hat damit den fünften Saison-Titel eingefahren. Doch bei aller Freude, der RespottedBlog stellt sich die Frage, ob es im Snooker so weitergehen kann.

Eine solche Leistung hat es seit 23 Jahren nicht mehr gegeben. Damals schaffte es ein gewisser Stephen Hendry, fünf Titel in einer Saison zu gewinnen. Aber auch wenn dieser Sieg ein kleiner Meilenstein ist, es ist ein anderes Thema, das mich beschäftigt: Der enorm volle Terminkalender auf der Main Tour und die Folgen, die daraus resultieren.

In den vergangenen Monaten habe ich schon häufiger über dieses Thema geschrieben und die Vor- sowie Nachteile beleuchtet, seitdem Barry Hearn sich dem Sport angenommen hat. In diesem Falle fehlten Spieler wie Ronnie O’Sullivan, Mark Allen, Matthew Stevens, Stuart Bingham und nicht zuletzt auch Barry Hawkins, der zuletzt das Players Championship Final gewonnen hatte.

Ding Junhui nach seinem fünften Triumph

Ding Junhui nach seinem fünften Triumph

Zwei Tage nach dem Finale starteten bereits die China Open und zwei Tage nach dem Finale des Turniers in Beijing müssen einige Spieler in die Qualifikationsrunde für die Weltmeisterschaft im Crucible Theatre zu Sheffield. Über Langeweile können sich die Snooker-Profis nicht beschweren, aber macht der volle Kalender wirklich Sinn?

Ronnie O’Sullivan mit Lösungen

Natürlich, das Preisgeld ist von 3,5 Millionen Pfund auf zehn Millionen Pfund gestiegen. Hearn wollte die Tour professionalisieren, den Sponsoreneinbruch durch eine Erweiterung des Einzugsgebiets ausgleichen und mehr Spielern die Möglichkeit geben, mit ihrem Sport den Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch geht dieser Plan wirklich auf?

Vor zehn Jahren hätte kein Profi auch nur ein Turnier ausgelassen. Die Top 16 waren gesetzt, die Fans durften sich darauf freuen, alle Spieler an den Tischen sehen zu können. In China waren die Fans sicherlich enttäuscht, auf O’Sullivan oder auch Allen verzichten zu müssen. Bei den German Open wurde auch vehement über das Fehlen von O’Sullivan diskutiert.

Ein Turnier ist mittlerweile eine Wundertüte und als Außenstehender kann ich die Spieler verstehen, die nicht immer von Zeitzone zu Zeitzone springen wollen, dazu noch mehrmals im Jahr nach Barnsley reisen müssen, da dort die Qualifikationen für die Turniere in China ausgetragen werden. Ronnie O’Sullivan hat sich in seinem Blog für Eurosport ebenfalls zu diesem Thema geäußert.

Der amtierende Weltmeister ist sicherlich in einer ganz anderen Situation, hat durch seine zahlreichen Erfolge, Bücher und Sponsoren genügend Geld verdient, um auch nach seiner Karriere nicht am Hungertuch nagen zu müssen. Dennoch macht er keinen Hehl daraus, den Sport zu lieben und sich immer wieder kontrovers in gewisse Fragen einzumischen.

Warum nicht wie im Golf oder Tennis?

Daher stellt sich schon die Frage, warum Snooker der einzige Sport ist, in dem die Top 64-Profis sich für viele Turniere qualifizieren müssen. O’Sullivan stellte dabei die Frage, ob Tiger Woods dazu bereit wäre, sich zwei Wochen vor dem Masters erst qualifizieren zu müssen. Das Turnier startet in Augusta und endet auch dort. „So, wie es sein muss“, meint O’Sullivan.

Auch im Tennis ist der Kalender weitaus besser geplant als im Snooker. Im Juni geht es nach China, im Juli nach Australien und im September wieder nach China. Im Oktober ist eine Reise nach Indien geplant, bevor es im selben Monat wieder nach China geht – und so ziehen sich die Reisestrapazen weiter wie ein roter Faden durch die Terminkalender der Profis.

„Tennis ist ein gutes Beispiel“, meint O’Sullivan. Erst werden Turniere in Amerika gespielt, die Hartplatz-Saison findet für einige Monate in Europa statt, bevor es nach London und dann zurück in die USA geht. „Sie reisen herum und müssen nicht immer durch verschiedene Zeitzonen. Die Pläne sind gemacht, um den Spielern zu helfen. Ein China-Block für einen Monat ist keine schlechte Idee, wenn es organisierbar ist. Es würde die Reisekosten drücken“, so O’Sullivan.

Und damit ist er schon bei einem grundlegenden Problem angelangt. Zwar ist das Preisgeld gestiegen, aber für eine Niederlage in Runde eins gibt es keine Vergütung. Gerade die Spieler, die in der Rangliste im unteren Teil liegen, müssen die Kosten übernehmen, haben aber keine Garantien, diese überhaupt decken zu können.

Größere Hallen für mehr Spieler?

O’Sullivan schlägt also vor, die Tour wie beim Golf aufzuteilen. „Etwa 50 Spieler sollten um sechs bis sieben Millionen Pfund spielen, die anderen 80 Spieler könnten auf der Lower Tour um die restlichen zwei bis drei Millionen kämpfen. Für die wäre es nicht schlechter, als im Moment und sie könnten um einen Platz auf der Main Tour spielen.“

Abschließend spricht sich der Weltmeister auch noch für größere Hallen aus, damit alle 128 Spieler in Runde eins starten können. Das hätte den Vorteil, dass die Zuschauer wirklich alle Profis sehen können und die leidigen Qualifikationsrunden wegfielen. Die German Open haben gezeigt, dass es auch mit fünf Tischen funktioniert, warum also nicht gleich 16 Tische?

Zusammengefasst sind es durchaus interessante Ansätze, die O’Sullivan präsentiert. Auch ich bin kein Freund davon, im Vorfeld Qualifikationen zu spielen, die zusätzliche Kosten für die Spieler produzieren. Dazu sagte Mark Allen einst, dass er hart gearbeitet hätte, um in die Top 16 zu gelangen. Nun müsse er sich trotzdem vor leeren Rängen durch die Qualifikation quälen.

Mehr Stars für die Fans im Snooker

Seinen Ärger kann ich verstehen. Dass Asien als neuer Markt profitabel ist, muss akzeptiert werden. Dennoch wäre ein Block sinnvoll, um die Kosten für die Spieler zu minimieren – Hearn sollte darüber nachdenken. Denn im Endeffekt müssen die Spieler, die allesamt Profis sind, für ihre Leistung auch entsprechend bezahlt werden und es sich leisten können, den Sport auszuüben.

Aber es geht auch um die Fans, die wegen der Spieler in die Hallen strömen. Sie haben es verdient, die Stars zu sehen. Daher ist es ärgerlich, wenn regelmäßig Top-Profis absagen, da sie sich schon Monate vorher überlegen müssen, ob sie sich die Reise leisten wollen. Und nach einem Finale sofort in ein Flugzeug zu steigen, um zwei Tage später antreten zu müssen, ist kein Zustand.

Daher sollte sich Hearn Gedanken machen, wie er eine vernünftige Planung hinbekommt. Denn die Spieler sind nicht erst zum Schluss auch Privatpersonen, die gerne Zeit mit der Familie verbringen wollen. Am Ende des Tages freuen wir uns trotz aller offenen Fragen über die Leistung von Ding Junhui und die bald beginnende Weltmeisterschaft im Crucible – dem Highlicht des Jahres.

Ronnie O’Sullivan erneut Snooker-Weltmeister

6 Mai

17 Tage lang ging sie, die Snooker-WM im Crucible Theatre. 17 Tage ohne Sonne, Freizeit und anderweitige Aktivitäten. Wobei ich ja sagen muss, dass ich mir eine kurze Auszeit gegönnt habe, um die 1. Mai-Tour nicht zu verpassen. Aber hat es sich gelohnt? Diese Frage bedarf keiner Antwort, obwohl man hie und da doch müde belächelt wird.

Sei es drum. Es war eine spektakuläre Weltmeisterschaft, mit Ronnie O’Sullivan als verdienten Sieger. Es ist bereits der fünfte WM-Titel für The Rocket und er spielte eine überragende WM. Dazu ist er der erste Spieler seit Stephen Hendry, der seinen Titel verteidigen konnte – Hendry hatte dies 1996 geschafft. Zwar gab es Stimmen, die von einem insgesamt niedrigen WM-Niveau gesprochen haben, aber das sehe ich nicht so. Viele vermeintliche Favoriten scheiterten früh, dafür gab es andere Spieler, die sich in den Vordergrund gespielt haben – allen voran Barry Hawkins.

”Er hat ein richtiges Match geliefert und mich permanent unter Druck gesetzt“, meinte Ronnie O’Sullivan nach dem Finale. Über mögliche Gründe der Favoritenstürze habe ich im Verlauf der Snooker-WM schon geschrieben. Viele Turniere, ständiges Reisen und ein Schrumpfen der Weltspitze sind da in erster Linie zu nennen.

So lag ich auch mit meinem Tipp völlig daneben, denn Mark Allen scheiterte bereits in Runde eins und ich habe einen Schnaps verloren. Anders Ronnie O’Sullivan, der als komplette Wundertüte in die WM gestartet war. Er wusste selber nicht so ganz genau, was er von sich erwarten konnte. Aber eine wirkliche Schwäche hat er sich über das komplette Turnier nicht geleistet.

Ronnie O'Sullivan feiert deinen fünften WM-Titel

Ronnie O’Sullivan feiert deinen fünften WM-Titel

Seine Lochquote lag bei über 90 Prozent und auch die anderen Statistiken waren überdurchschnittlich. Sechs Centurys hat er dazu im Finale gespielt. Ob wir ihn nach seinem fünften Triumph im Crucible Theatre nochmal sehen werden? Bei der Siegerehrung gab es keine Aufschlüsse darüber. Ein paar kleinere Turniere wird er spielen, alles andere müssen wir abwarten.

Der Druck sei ihm bei einer WM zu groß und deswegen vermisse er Snooker nicht so richtig. Bei den kleineren Turnieren wäre der Spaßfaktor einfach höher, erklärte O’Sullivan. Beeindruckend war natürlich das Niveau des Finals. Die Halbfinal-Spiele gelten im Grunde als vorgezogenes Finale und wer erinnert sich nicht an das Match zwischen Neil Robertson und Graeme Dott im Jahr 2010.

Beide Spieler waren geistig und körperlich erschöpft und es war wirklich kein Leckerbissen. In diesem Jahr waren es spielerische Highlights, die sich durch alle vier Sessions zogen. Auch wenn Hawkins am Ende klar mit 12:18 verlor, es waren Kleinigkeiten, die den Ausschlag gaben. Der letzte Frame der zweiten Session zum Beispiel, als O’Sullivan auf Schwarz das 10:7 holte.

Oder die Chancen von Hawkins am Abend, das 13:15 zu schaffen. Von diesem Druck hatte O’Sullivan gesprochen, das Match war enger, als das Ergebnis es aussagt. Viele Dinge gehen mir nach diesen 17 Tagen nun durch den Kopf. Ob es Schiedsrichter waren, die einfach Bälle vom Tisch nahmen, zerbrochene Gläser am Tisch oder Neulinge, die auf einmal das Publikum unterhielten.

Es waren schöne 17 Tage und ist die WM erst einmal vorbei, man weiß, warum das Warten auf dieses Highlight und das Nehmen des Urlaubs sich wie immer gelohnt haben. Komisch wird es sein, um 11 Uhr den Fernseher anzuschalten und keinen Snooker-Tisch zu sehen. Mir persönlich war es aber wie immer eine Freude und mein Dank gilt auch der Twitter-Gemeinde, die für viel Kurzweil gesorgt hat.

Bis zur nächsten Saison

PS: Den Spielbericht gibts übrigens hier zu lesen

Snooker-WM in Sheffield: Das Finale

5 Mai

Bei der Snooker-WM in Sheffield wird mir auch nichts geschenkt. Erst die Mai-Tour von Samstag auf Sonntag, dann den Artikel für die Arbeit schreiben und einen Blog hinterher. Und ganz ehrlich: Ich bin doch ziemlich kaputt von den Anstrengungen des Wochenendes. Immerhin habe ich es mit einer Punktlandung zum Beginn des Finals geschafft.

Mittlerweile werde ich von meinem Freundeskreis schon nicht mehr ausgelacht, wenn ich früh nach Hause will, um das Finale zu schauen. Das ist schon ein Erfolg finde ich und es gibt sogar einige Leute darunter, die sich für Snooker interessieren. Und dieses Finale wollte ich auch unbedingt sehen, wenn ich schon den kompletten Samstag verpasst habe.

Und ganz ehrlich, es hat sich vollauf gelohnt. Gerade die erste Session war ja Snooker auf höchstem Niveau. Sieben Breaks von über 70 Punkten – wann habe ich das zuletzt gesehen? Und daran hatte Barry Hawkins großen Anteil. Er spielt natürlich nicht so spektakulär wie Ronnie O’Sullivan, aber er spielt eben beharrlich und konzentriert.

Für ein Finale auch eine gute Mixtur. Denn auf lange Safe-Duelle will ich nicht verzichten und gerade der letzte Frame der zweiten Session, die nicht ganz das Niveau der ersten acht Frames hatte, war wieder eine Augenweide. Glückwunsch vielleicht eben auch an O’Sullivan, der mit seinem 129. Century Break im Crucible nun alleine an der Spitze liegt.

Barry Hawkins und Ronnie O'Sullivan vor dem Finale (by World Snooker)

Barry Hawkins und Ronnie O’Sullivan vor dem Finale (by World Snooker)

Wenn ich mich nicht ganz irre, hat er Stephen Hendry überholt, der zuvor mit 127 Centurys auf Rang eins residierte. Auch wenn die Meinungen im Vorfeld des Finals so waren, dass alle Experten sich nur die Frage stellten, wie hoch O’Sullivan gewinnen würde, ich habe es in meinem Blog anders geschrieben. Hawkins ist ein Kämpfer und darf nicht unterschätzt werden.

Er hat Mark Selby, Jack Lisowski und auch Ding Junhui besiegt, zudem Ricky Walden nach wirklich schwachem Beginn noch relativ klar geschlagen. Spielen können alle Snooker-Profis, bei Hawkins scheint es mir, als ob er die Ruhe weg habe. Er weiß ja auch, dass er der Außenseiter ist und an einem guten Tag von O’Sullivan Probleme kriegt.

Das war ja auch zu sehen und nicht umsonst führt der Titelverteidiger mit 10:7. Dabei war es der letzte Frame, der eigentlich ärgerlich für Hawkins war. Er hatte die Chance, wäre so nur mit einem 8:9 in den Montag gegangen. Nun wird er sich Gedanken machen und braucht einen guten Start, um das Finale offen zu gestalten.

O’Sullivan ist ein guter Front Runner und sollte er den ersten Frame gewinnen, wird es schon ganz schwer für Hawkins – zumindest meiner Meinung nach. Ich befürchte, es wird letztlich ein relativ klares Ergebnis gegen. Müsste ich tippen, lautete mein Ergebnis 18:13. Aber ich hoffe, wir erleben morgen einen langen und spannenden Snooker-Abend bis in die tiefe Nacht.

Snooker-WM in Sheffield: Tag 12

2 Mai

Nun steht also das Halbfinale und muss wohl zweigeteilt betrachtet werden. Favorit gegen Außenseiter wird es im Finale heißen und ob des Draws sehen wir ein vorgezogenes Finale sowie ein Match, in dem eine Spieler ins Finale einziehen wird, den wahrscheinlich kein Snooker-Fan im Vorfeld auf dem Zettel gehabt haben wird.

Was haben wir aus dem bisherigen WM-Verlauf gelernt? Es ist natürlich schwierig, ein Fazit zu ziehen. Doch seitdem Barry Hearn die Saison monströs aufgebläht hat – und das soll keine negative Wertung sein -, ist die Spitze geschmolzen bzw. enger zusammengerückt. Spieler wie Mark Selby, Neil Robertson oder John Higgins scheiterten früh.

Das kann zweierlei Gründe haben. Wie gerade angesprochen, ist die Leistungsdichte höher geworden. Auch die Spieler jenseits der Top 16 kommen häufiger zum Einsatz, treffen in schöner Regelmäßigkeit auf die Top-Spieler. Dadurch kommt es natürlich zu Lern- und Trainingseffekten, die sich nun auszuzahlen scheinen.

Spieler wie Barry Hawkins, Mark Davis, Ricky Walden galten im Vorfeld der Snooker-WM zwar nicht unbedingt als große Favoriten, gingen aber nicht als komplette Außenseiter in ein Match. Früher, ohne PTC-Events und mit nur wenigen Turnieren in einer Saison, gab es kaum die Möglichkeit, sich mit den Stars zu messen. Ein Vorteil für die Breite also.

Im Umkehrschluss bedeutet es aber auch, dass viele Turniere zu spielen sind. Oft genug hatte es Stimmen gegeben, die von einem zu vollen Kalender gesprochen hatten. Gerade in der Zeit, wo man Punkte verteidigen muss. Wie das in der kommenden Saison laufen wird, in der es eine Geldrangliste gibt, ist noch nicht abzusehen, aber es wird wohl eine Entspannung geben, da man sich eher Auszeiten nehmen und ein Turnier auslassen kann.

Die neuen Schuhe von Judd Trump

Die neuen Schuhe von Judd Trump

John Higgins hatte nach seinem Aus in Runde eins auch erklärt, mental vielleicht nicht so fit gewesen zu sein. Viele Spiele bedeuten auch, dass es bei Profis, die bei Turnieren oft weit gekommen sind, am Ende der Saison einfach nicht reichen kann. Die Spieler außerhalb der Top 16 sind hingegen frischer, motivierter und in manchen Fällen auch einfach heiß auf das Weiterkommen – gepaart mit der höheren Dichte der Weltspitze ein Vorteil.

Denn mit meiner Einschätzung, eine kuriose Snooker-WM zu sehen, stehe ich nicht alleine da. Rolf Kalb hatte es auch schon angesprochen, in dieser Anzahl hatte es vermeintliche Überraschungen bisher so noch nicht gegeben. Und nun stehen wir da und sehen zwei sehr interessante Halbfinalspiele bei der Snooker-WM in Sheffield.

Weniger überraschend ist der Einzug von Judd Trump, der auf Ronnie O’Sullivan trifft. Trump gehört zu den Stars und hat im Viertelfinale gegen Shaun Murphy – das wohl beste Match dieser WM – gezeigt, dass er sich durchbeißen kann. Kommt er ins Rollen, ist er eine Gefahr für jeden Gegner. Wobei wir das auch schon vorher wussten.

Er ist der einzige Spieler, dem das Halbfinale wirklich zugetraut wurde. Und Ronnie O’Sullivan? Er war die Wundertüte im Feld, hat bisher aber eine überragende Leistung abgeliefert. Schwächen habe ich bisher keine gesehen. Klar, ein paar Fehler macht auch er, aber alles andere wäre auch nicht denkbar. Er kann die WM locker gewinnen, zu den Gründen habe ich mich ja schon geäußert.

Talent und Lockerheit sind seine Trümpfe. Er muss nichts beweisen, hat schon jetzt mehr erreicht, als er vielleicht von sich erwartet hätte. Ob er seine Lockerheit konservieren kann, werden wir nachher sehen. Sein Sieg gegen Stuart Bingham war …., ja wie soll man es nennen, phänomenal? Ein solch hohes Niveau habe zumindest ich lange nicht mehr gesehen.

Der Sieger hat in jedem Fall eine große Chance, die Snooker-WM zu gewinnen. Aber Achtung! Gerade Barry Hawkins spielt bisher eine starke WM. Das gilt zwar auch für Ricky Walden, aber sein Weg war einfacher. Michael Holt, Michael White sowie Robert Milkins sind nicht die unüberwindbaren Hürden. Hawkins schaltete Jack Lisowski, Mark Selby sowie Ding Junhui aus.

Ich erwarte Hawkins im Finale, aber bisher lag ich mit meinen Tipps auch nicht unbedingt immer richtig. Walden hat stark gespielt, aber bei Hawkins habe ich das Gefühl, als ob er mental stärker ist. Schon beim German Masters hat er beeindruckt und wirkt einfach unaufgeregt. Er spielt in absoluter Top-Form und ich würde ihn gerne im Finale sehen.

Trump sowie O’Sullivan haben den großen Vorteil, dass sie es kennen, auf einem Tisch zu spielen, die volle Atmosphäre im Crucible Theatre schon erlebt haben. Hawkins und Walden entdecken hier Neuland und es ist für sie ganz gut, eine Art Generalprobe zu haben, bevor es im Finale gegen einen erfahrenen Spieler geht. Wer es letztendlich schaffen wird? Wir werden es sehen.

Snooker-WM in Sheffield: Tag 11

1 Mai

Ich schaue schon wirklich lange Snooker, bin praktisch mit Jimmy White aufgewachsen und habe die große Zeit von Stephen Hendry mitbekommen. Ich kann also durchaus behaupten, schon das eine oder andere Spiel gesehen zu haben. Mit Superlativen sollte man grundsätzlich vorsichtig sein, dennoch kann ich mit Fug und Recht behaupten, gestern eine Sternstunde gesehen zu haben.

Ihr habt es wahrscheinlich auch gesehen, es sei denn, Euer Name ist Thorsten und ihr habt den Nachmittag beim Segeln verbracht. Ronnie O’Sullivan hat Stuart Bingham komplett auseinander genommen und sich die erste Session mit 7:1 geholt. Dabei spielte er Breaks von 79, 111, 60, 87, 133 und 78. Es war die beste Leistung eines Spielers, an die ich mich erinnere.

Klar, Bingham hat Fehler gemacht und O’Sullivan Chancen hingelegt. Aber eine Lochquote von zeitweise 98 Prozent ist nicht nur mit leichteren Einsteigern zu schaffen. Gerade die Long Pots fielen reihenweise und der Spielball fand auf dem kompletten Tisch keine sichere Ablage. Mit seinem langen Spiel hatte O’Sullivan zuletzt immer wieder gehadert.

Aber bei dieser WM klappt alles. Ali Carter und Mark Williams haben es via Twitter geschrieben und eigentlich sind sich alle Experten einig, Ronnie O’Sulivan spielt momentan in einer anderen Liga und ist nicht zu schlagen. Zumindest kommt die Frage auf, wer ihn schlagen kann. Und Stuart Bingham ist ja auch kein Fallobst, aber praktisch ohne Chance.

Ronnie O'Sullivan

Ronnie O’Sullivan ist nicht zu stoppen

Vielleicht hat Bingham den Fehler gemacht, das Spiel von O’Sullivan mitgehen zu wollen. Vielleicht muss man es wirklich wie Peter Ebdon machen und dem Spiel komplett das Tempo nehmen, es ein wenig verschleppen. Aber dazu muss man der Typ sein und darf sich selber nicht aus dem Rhythmus bringen.

Von den verbleibenden Spielern fällt mir so niemand ein, der eine realistische Chance hat – sollte O’Sullivan auf dem Level bleiben. Judd Trump und Shaun Murphy zeigen momentan Licht und Schatten. Ihr Match ist spannend ohne Ende, beide gönnten sich allerdings eine komplette Session-Auszeit und logischerweise steht es dort 8:8.

Ding Junhui und Barry Hawkins ….. Hawkins ist ein beinharter Spieler. Vielleicht wäre er der passende Gegner, um O’Sullivan zu stoppen. Gegen Ding Junhui führt er mit 9:7 und ist vielleicht so ein Typ, der sich nicht beeindrucken lässt und sein Spiel gnadenlos durchziehen würde. Bei Ding habe ich da so meine Zweifel, auch wenn er natürlich das Zeug hat, um zu gewinnen.

Ricky Walden spielt zwar eine sehr gute WM, doch halte ich es für unwahrscheinlich, dass er O’Sullivan gefährden könnte – von Debütant Michael White ganz zu schweigen. Spannend wird es, sollte O’Sullivan eine schlechte Session erwischen. Auf seine Reaktion wäre ich sehr gespannt. Fraglich nur, ob es überhaupt so kommt und ob der Gegner dann in der Lage ist, davon zu profitieren.

So sind es bisher die Festspiele des Ronnie O`Sullivan und die Leistungen der anderen Spieler wie Michael White, Ricky Walden usw. geraten ein wenig ins Hintertreffen. Davon kann auch ich mich nicht ausschließen, aber nach der Session gestern bin ich heute immer noch begeistert und freue mich sehr, dass ich die Zeit hatte, um mir diese Sternstunde anzusehen.

Snooker-WM in Sheffield: Tag 10

30 Apr

Wie wäre es, wenn ich ein Jahr nicht joggen würde. Eine lange Pause machen, nur um dann wieder die Schuhe zu schnüren und mal eben den Hamburg Marathon gewinnen. Ja, mir war langweilig, ich hab ein bisschen auf einem Bauernhof gearbeitet und dachte mir, ach komm, probiers einfach mal. Vielleicht geht’s schief, vielleicht aber auch nicht.

So kommt mir das bei Ronnie O’Sullivan vor. Mark Williams schrieb gestern auf Twitter, das Ronnie beeindruckend spielen würde nach seiner langen Pause. Und vermutlich habe er sich ein paar Turniere im Verlauf des Jahres angesehen, und die Spieler vor dem TV schallen ausgelacht. So wird es wahrscheinlich nicht gewesen sein, aber ein Fünkchen Wahrheit schwingt da mit.

Gegen Ali ”Elli“ Carter wusste The Rocket zu überzeugen. Er hat seine Leichtigkeit am Tisch nicht verlernt und ist vielleicht sogar noch ein Stück stärker geworden, da er eine Lockerheit an den Tag legt, die man so nicht kannte. Früher rannte er um den Tisch, da er die Halle schnellstmöglich verlassen wollte, heute sieht das bei ihm anders aus – er scheint es zu genießen.

Und Carter war einmal mehr der Prügelknabe. Alle 13 Ranking Matches hat er damit gegen O’Sullivan verloren. Einzig in der Championship League durfte der Captain vor ein paar Jahren einen 3:1-Sieg feiern. Sicher kein schönes Gefühl und hätte Carter gegen einen anderen Gegner gespielt, seine Chancen auf einen Sieg wären gut gewesen.

Ali Carter

Ali Carter scheiterte erneut an Ronnie O’Sullivan

Nun trifft O’Sullivan auf Stuart Bingham. Der Engländer spielte ein starkes Auftaktmatch, sein Achtelfinale gegen Mark Davis war viel Krampf. Es wird ein spannendes Match, bisher trafen sich beide Spieler fünf Mal. O’Sullivan holte dabei vier Siege, musste bei der UK Championship 2010 jedoch eine bittere 6:9-Niederlage einstecken.

Ich bin sehr gespannt, ob Bingham den Lauf des Weltmeisters stoppen kann oder nur ein weiteres Opfer auf dem Weg zum erneuten Titel wird. Viel spannender ist für mich das Match zwischen Shaun Murphy und Judd Trump. Murphy hat bisher auch zwei Seiten gezeigt. Gegen Martin Gould brauchte Murphy einen Moment, zeigte dann eine sehr starke Leistung.

Sein Achtelfinale gegen Graeme Dott war dann schon weniger beeindruckend. Im Gegensatz dazu steht Judd Trump, der gut anfing und sich dann zum Ende des Achtelfinals gegen Marco Fu nochmals steigern konnte. Es ist die Nummer drei gegen die Nummer vier und ich hätte mich nicht beschwert, wäre es das Finale gewesen.

Nur unwesentlich interessanter sind die anderen beiden Viertelfinals. Michael White trifft auf Ricky Walden. Beide werden sich wie im Traum vorkommen, die große Chance zu haben, ins Halbfinale dieser WM einziehen zu können. Wie sich der Druck auf ihr Spiel auswirken wird, dürfte eine spannende Frage sein.

Bliebe Ding Junhui gegen Barry Hawkins. Mit dem Blick auf das andere Viertelfinale dürfte ihnen klar sein, dass es im Halbfinale hätte schwerer kommen können. Auch hier gibt es keinen klaren Favoriten, wie in allen anderen Viertelfinals auch nicht. Normalerweise sehe ich Ding vorne, aber Hawkins kann einfach nicht mehr unterschätzt werden.

Mein Wunschfinale wird es nicht geben. Ronnie O’Sullivan gegen Shaun Murphy oder Judd Trump wäre ein Traum gewesen. Aber wie die Konstellation sich letztendlich zeigen wird, es dürfte interessant werden. Doch vorher genieße ich mal die Viertelfinalspiele, die schon einiges zu bieten haben. Und just in diesem Moment beginnen Murphy und Trump – Dienstagmorgen, was willst du mehr!

Snooker-WM in Sheffield: Tag 9

29 Apr

Wir haben Bergfest und die Hälfte der Snooker-WM ist nun schon wieder rum. Auf der anderen Seite nehmen die Spieler so langsam richtig Fahrt auf. Nicht umsonst heißt es ja, dass die Halbfinalspiele meist die Duelle sind, in denen das höchste Niveau erreicht wird. Noch sind wir natürlich nicht so weit, aber gestern waren die Sessions teilweise eine Augenweide.

Dabei hat Ali Carter es geschafft, den Rückstand auf Ronnie O’Sullivan erträglich zu gestalten. Bei seiner Quote musste man zwischendurch ja Angst haben, dass er wieder einmal hoffnungslos unterlegen sein würde. Keins der bisherigen zwölf Matches bei Ranglistenturnieren hat er gewonnen. Einzig in der Championship League kam er 2010 zu einem 3:1-Erfolg.

Am Nachmittag spielten beide Akteure auf einem wirklich hohen Niveau. Klar, hie und da gab es natürlich Fehler, aber die gehören zum Sport dazu. Und endlich konnte der Captain sein Spiel auch mal durchziehen – gerade in Frame 13, als er mit einer 63er Clearance den Frame noch stehlen und auf 6:7 verkürzen konnte. Es wird eine packende Abendsession heute geben, da bin ich mir sicher.

Wo wir auch bei der Frage sind, wer denn nun die besten Chancen auf den Titel hat. O’Sullivan spielt trotz der langen Pause ausgesprochen gut, Carter kommt auch langsam auf Temperatur. Und Ding Junhui? Der lag gegen Mark King schon mit 2:6 hinten, aber zeigte gestern eine beeindruckende Leistung und schaffte das Comeback – und wie!

Ronnie O'Sullivan führt gegen den Captain (by World Snooker)

Ronnie O’Sullivan führt gegen den Captain (by World Snooker)

Über die Qualitäten des Chinesen müssen wir nicht groß reden, nur schaffte er es zuletzt nicht so richtig, diese auch auf den Tisch zu bringen. Die zweite Session hat jedoch beeindruckt. Mit 7:1 holte sich Ding die 9:7-Führung und darf ebenfalls Ansprüche auf den Titel anmelden. King freute sich hingegen, immerhin einen Frame gewonnen zu haben.

Und vergessen sollten wir auch nicht Ricky Walden. Der gewann beide Sessions gegen Robert Milkins mit 5:3, führt dementsprechend mit 10:6. An sich hatte ich es ausgeschlossen, Walden im Halbfinale oder gar im Finale zu sehen. Allerdings spielt er bisher sehr beständig und konstant auf einem Niveau. Kaum ein anderer Spieler hat dies bisher geschafft.

So auch Stuart Bingham, der gerade in der ersten Runde unglaubliches Snooker zeigte. Gegen Mark Davis erlebte er, wie auch sein Gegner, einen Einbruch. Beide Akteure mühten sich lange, überhaupt einige Bälle zu lochen. Die Quoten waren bis zum Midsession desaströs und es dauerte, bis es ein ordentliches Match wurde – dort steht es 8:8.

Nun bin ich immer noch nicht schlauer, wer als Favorit taugt, aber das macht diese WM umso spannender. Wenn die Achtelfinals heute durch sind, werde ich wohl nochmal ein Fazit ziehen und schauen, wie die Begegnungen letztlich aussehen. Dabei gibt es mit Shaun Murphy gegen Judd Trump ja schon einen Leckerbissen.

Und ganz nebenbei sollte ich auch erwähnen, dass es in der nächsten Saison vielleicht einen deutschen Spieler bei einem der Turniere zu sehen gibt. Patrick Einsle hat es nämlich geschafft, eine Tourkarte zu gewinnen. Das entscheidende Match gewann er gegen Christopher Keogan mit 4:3 – ein wahrer Krimi. Welche Turniere er spielen wird, steht noch nicht fest.

Denn aus finanziellen Gründen wird er seinen Job behalten und vielleicht schafft er es ja, sich durch die Qualifikation zu quälen, um letztlich auch auf einem der TV-Tische spielen zu können. Es wäre eine tolle Sache für ihn, aber auch für die deutsche Snooker Szene, die ohnehin sehr groß ist. Ein deutscher Spieler würde vielleicht noch einen weiteren Schub geben.