Archiv | Mai, 2013

O’Sullivan sagt Wuxi Classic ab

27 Mai

Die Snooker-Pause ist schon wieder beendet und am 17. Juni startet das Feld der Profis beim Wuxi Classic. Nicht mit dabei ist Weltmeister Ronnie O’Sullivan, der am Dienstag in der Qualifikationsrunde gegen Michael Wasley hätte antreten müssen. Ohnehin greifen ab dieser Saison die neuen Strukturen und alle Profis starten direkt in Runde 1 – bei acht der elf Ranking Events. Die Top 16 sind nur gesetzt bei der WM, dem Shanghai Masters und den Australian Goldfield Open.

Somit müsste auch O’Sullivan, der ohnehin nicht mehr in den Top 16 steht, früh eingreifen, sagte seinen Start jedoch ab. Als Grund wurden einmal mehr persönliche Gründe genannt. Wasley dürfte sich freuen, steht er doch nun kampflos in der Hauptrunde. Schon in der letzten Saison hatte O’Sullivan nur an einem Turnier teilgenommen, einem PTC Event, bei dem er in Runde eins direkt verlor.

Bei der Snooker-Weltmeisterschaft hatte O’Sullivan erklärt, nur angetreten zu sein, um die Schulgelder seines Sohnes bezahlen zu können. Andererseits hatte der Engländer einen Vertrag abgeschlossen, der neun weitere Starts bei Turnieren der Saison 2013/14 vorsieht. Welche Turniere das sind, kann er sich aussuchen. Damit darf weiter um die Zukunft des Superstars gerätselt werden.

Ronnie O’Sullivan erneut Snooker-Weltmeister

6 Mai

17 Tage lang ging sie, die Snooker-WM im Crucible Theatre. 17 Tage ohne Sonne, Freizeit und anderweitige Aktivitäten. Wobei ich ja sagen muss, dass ich mir eine kurze Auszeit gegönnt habe, um die 1. Mai-Tour nicht zu verpassen. Aber hat es sich gelohnt? Diese Frage bedarf keiner Antwort, obwohl man hie und da doch müde belächelt wird.

Sei es drum. Es war eine spektakuläre Weltmeisterschaft, mit Ronnie O’Sullivan als verdienten Sieger. Es ist bereits der fünfte WM-Titel für The Rocket und er spielte eine überragende WM. Dazu ist er der erste Spieler seit Stephen Hendry, der seinen Titel verteidigen konnte – Hendry hatte dies 1996 geschafft. Zwar gab es Stimmen, die von einem insgesamt niedrigen WM-Niveau gesprochen haben, aber das sehe ich nicht so. Viele vermeintliche Favoriten scheiterten früh, dafür gab es andere Spieler, die sich in den Vordergrund gespielt haben – allen voran Barry Hawkins.

”Er hat ein richtiges Match geliefert und mich permanent unter Druck gesetzt“, meinte Ronnie O’Sullivan nach dem Finale. Über mögliche Gründe der Favoritenstürze habe ich im Verlauf der Snooker-WM schon geschrieben. Viele Turniere, ständiges Reisen und ein Schrumpfen der Weltspitze sind da in erster Linie zu nennen.

So lag ich auch mit meinem Tipp völlig daneben, denn Mark Allen scheiterte bereits in Runde eins und ich habe einen Schnaps verloren. Anders Ronnie O’Sullivan, der als komplette Wundertüte in die WM gestartet war. Er wusste selber nicht so ganz genau, was er von sich erwarten konnte. Aber eine wirkliche Schwäche hat er sich über das komplette Turnier nicht geleistet.

Ronnie O'Sullivan feiert deinen fünften WM-Titel

Ronnie O’Sullivan feiert deinen fünften WM-Titel

Seine Lochquote lag bei über 90 Prozent und auch die anderen Statistiken waren überdurchschnittlich. Sechs Centurys hat er dazu im Finale gespielt. Ob wir ihn nach seinem fünften Triumph im Crucible Theatre nochmal sehen werden? Bei der Siegerehrung gab es keine Aufschlüsse darüber. Ein paar kleinere Turniere wird er spielen, alles andere müssen wir abwarten.

Der Druck sei ihm bei einer WM zu groß und deswegen vermisse er Snooker nicht so richtig. Bei den kleineren Turnieren wäre der Spaßfaktor einfach höher, erklärte O’Sullivan. Beeindruckend war natürlich das Niveau des Finals. Die Halbfinal-Spiele gelten im Grunde als vorgezogenes Finale und wer erinnert sich nicht an das Match zwischen Neil Robertson und Graeme Dott im Jahr 2010.

Beide Spieler waren geistig und körperlich erschöpft und es war wirklich kein Leckerbissen. In diesem Jahr waren es spielerische Highlights, die sich durch alle vier Sessions zogen. Auch wenn Hawkins am Ende klar mit 12:18 verlor, es waren Kleinigkeiten, die den Ausschlag gaben. Der letzte Frame der zweiten Session zum Beispiel, als O’Sullivan auf Schwarz das 10:7 holte.

Oder die Chancen von Hawkins am Abend, das 13:15 zu schaffen. Von diesem Druck hatte O’Sullivan gesprochen, das Match war enger, als das Ergebnis es aussagt. Viele Dinge gehen mir nach diesen 17 Tagen nun durch den Kopf. Ob es Schiedsrichter waren, die einfach Bälle vom Tisch nahmen, zerbrochene Gläser am Tisch oder Neulinge, die auf einmal das Publikum unterhielten.

Es waren schöne 17 Tage und ist die WM erst einmal vorbei, man weiß, warum das Warten auf dieses Highlight und das Nehmen des Urlaubs sich wie immer gelohnt haben. Komisch wird es sein, um 11 Uhr den Fernseher anzuschalten und keinen Snooker-Tisch zu sehen. Mir persönlich war es aber wie immer eine Freude und mein Dank gilt auch der Twitter-Gemeinde, die für viel Kurzweil gesorgt hat.

Bis zur nächsten Saison

PS: Den Spielbericht gibts übrigens hier zu lesen

Snooker-WM in Sheffield: Das Finale

5 Mai

Bei der Snooker-WM in Sheffield wird mir auch nichts geschenkt. Erst die Mai-Tour von Samstag auf Sonntag, dann den Artikel für die Arbeit schreiben und einen Blog hinterher. Und ganz ehrlich: Ich bin doch ziemlich kaputt von den Anstrengungen des Wochenendes. Immerhin habe ich es mit einer Punktlandung zum Beginn des Finals geschafft.

Mittlerweile werde ich von meinem Freundeskreis schon nicht mehr ausgelacht, wenn ich früh nach Hause will, um das Finale zu schauen. Das ist schon ein Erfolg finde ich und es gibt sogar einige Leute darunter, die sich für Snooker interessieren. Und dieses Finale wollte ich auch unbedingt sehen, wenn ich schon den kompletten Samstag verpasst habe.

Und ganz ehrlich, es hat sich vollauf gelohnt. Gerade die erste Session war ja Snooker auf höchstem Niveau. Sieben Breaks von über 70 Punkten – wann habe ich das zuletzt gesehen? Und daran hatte Barry Hawkins großen Anteil. Er spielt natürlich nicht so spektakulär wie Ronnie O’Sullivan, aber er spielt eben beharrlich und konzentriert.

Für ein Finale auch eine gute Mixtur. Denn auf lange Safe-Duelle will ich nicht verzichten und gerade der letzte Frame der zweiten Session, die nicht ganz das Niveau der ersten acht Frames hatte, war wieder eine Augenweide. Glückwunsch vielleicht eben auch an O’Sullivan, der mit seinem 129. Century Break im Crucible nun alleine an der Spitze liegt.

Barry Hawkins und Ronnie O'Sullivan vor dem Finale (by World Snooker)

Barry Hawkins und Ronnie O’Sullivan vor dem Finale (by World Snooker)

Wenn ich mich nicht ganz irre, hat er Stephen Hendry überholt, der zuvor mit 127 Centurys auf Rang eins residierte. Auch wenn die Meinungen im Vorfeld des Finals so waren, dass alle Experten sich nur die Frage stellten, wie hoch O’Sullivan gewinnen würde, ich habe es in meinem Blog anders geschrieben. Hawkins ist ein Kämpfer und darf nicht unterschätzt werden.

Er hat Mark Selby, Jack Lisowski und auch Ding Junhui besiegt, zudem Ricky Walden nach wirklich schwachem Beginn noch relativ klar geschlagen. Spielen können alle Snooker-Profis, bei Hawkins scheint es mir, als ob er die Ruhe weg habe. Er weiß ja auch, dass er der Außenseiter ist und an einem guten Tag von O’Sullivan Probleme kriegt.

Das war ja auch zu sehen und nicht umsonst führt der Titelverteidiger mit 10:7. Dabei war es der letzte Frame, der eigentlich ärgerlich für Hawkins war. Er hatte die Chance, wäre so nur mit einem 8:9 in den Montag gegangen. Nun wird er sich Gedanken machen und braucht einen guten Start, um das Finale offen zu gestalten.

O’Sullivan ist ein guter Front Runner und sollte er den ersten Frame gewinnen, wird es schon ganz schwer für Hawkins – zumindest meiner Meinung nach. Ich befürchte, es wird letztlich ein relativ klares Ergebnis gegen. Müsste ich tippen, lautete mein Ergebnis 18:13. Aber ich hoffe, wir erleben morgen einen langen und spannenden Snooker-Abend bis in die tiefe Nacht.

Die Leiden des Ronnie O’Sullivan

2 Mai

Ronnie O’Sullivan ist ein Genie am Snooker-Tisch. Darüber muss wohl nicht groß diskutiert werden. Bei dieser WM hat er wieder bewiesen, warum er das Zugpferd dieses Sports ist. Er ist nicht der große Entertainer oder Zampano, der mit Gesten oder Emotionen die Massen begeistert. O’Sullivan ist einfach authentisch und ein Charakter, mit einer Schubkarre voll Talent gesegnet.

Warum ich das zwischen einer Reise nach Wandsbek, einer Falafel plus Fritz Kola schreibe? Ganz einfach: Ronnie O’Sullivan will seine Karriere wohl beenden. Nach der Snooker-WM 2012 erklärte der Superstar, dass er eine Pause einlegen werde. Diese dauerte im Endeffekt ein Jahr, obwohl er zwischendurch ein PTC Event spielte, dabei eine glatte Niederlage in Runde eins kassierte.

Dann war er wieder da. Barry Hearn konnte O’Sullivan zu einem Comeback bewegen und hatte den Titelverteidiger bei der Weltmeisterschaft an Bord. Warum sich der Engländer letztlich wieder an den Tisch stellte, konnte im ersten Moment schwer beurteilt werden. Langeweile war ein Punkt, nachdem er oft genug erwähnt hatte, keinen Lebensinhalt zu haben.

Zwischendurch arbeitete O’Sullivan auf einem Bauernhof, ging oft Joggen. Oft genug hieß es aber auch, er liebe den Sport, könne ohne Snooker nicht leben. Nun hat O’Sullivan nach seinem Sieg gegen Stuart Bingham andere Töne verlauten lassen, die sich wiederum konträr zu seinen Aussagen anhören, die er nach dem Sieg in Runde eins gegen Marcus Campbell vom Stapel ließ.

Seit seiner Zusammenarbeit mit dem Sportpsychologen Dr. Steve Peters zeigte sich O’Sullivan gefestigt. Er habe gelernt, seine Emotionen im Griff zu haben und sein Spiel durchzuziehen. ”Manchmal ist es hart und eine Herausforderung. Aber ich habe es im Griff“, erklärte er gegenüber der BBC und betonte, nie wieder einfach mitten in einem Match den Tisch zu verlassen.

Ronnie O'Sullivan

Ronnie O’Sullivan nach dem Titelgewinn 2012

So weit, so gut. Nun dachte ich, die Rückkehr auf die Main Tour wäre vielleicht ein wirkliches Comeback. Aber O’Sullivan hat mich komplett überrascht, denn er meinte, überhaupt keine Freude am Snooker zu haben. ”Ich habe realisiert, dass ich Snooker nicht vermisse. Aber ich brauche ein bisschen Geld“, so O’Sullivan. ”Ich muss das Schulgeld für meine Kinder zahlen.“

Das ist also der Grund für seine Rückkehr. Das ist natürlich nicht verwerflich, obwohl er in seiner Karriere hinter Steven Hendry der Spieler mit den höchsten Einkünften durch Preisgelder ist. Ich war davon überzeugt, er liebe den Sport, die Fans und den Wettkampf. Zumindest die Fans lobte er, sprach davon, immer viel Unterstützung bekommen und dies genossen zu haben.

Hört man ihn nun reden, bekommt man den Eindruck, dass alleine diese WM eine Qual für ihn ist. Drei bis fünf Tage müsse er noch spielen, so O’Sullivan und nannte es einen harten Kampf. ”Es ist das Licht am Ende des Tunnels, dass ich danach nicht weiter machen muss“, beschrieb er diesen Kampf genauer. Und ganz ehrlich, das finde ich ein wenig erschreckend.

Und weiter heißt es: ”Ich habe überhaupt keine Intention, nochmal zurückzukommen. Ich werde etwas anderes für mich finden. Ich kann die Karten nun offen auf den Tisch legen.“ Andererseits hat er einen Sponsorenvertrag für zehn weitere Turniere unterschrieben. Dies könnten aber auch Showkämpfe sein. Ob er vielleicht das Masters oder die UK Championship spielt, ist noch offen.

Fassen wir zusammen: Nach der WM trat Ronnie O’Sullivan zurück. Ohne wirklichen Lebensinhalt suchte er nach einer Beschäftigung, fand diese aber nur temporär. Die Liebe zum Snooker schien erloschen, aber das Geld hat ihn nun zurück an den Tisch getrieben – dazu ein lukrativer Sponsorenvertrag mit Oval Vodka gewunken.

Ist es wirklich so einfach? So eine kleine Hintertür hält er sich auf, spricht vage davon, wahrscheinlich kein Turnier mehr zu spielen. Man muss auch sagen, er tätigte die Aussagen, nachdem er gegen Bingham gewonnen hatte, mit seinem Spiel in der letzten Session aber unzufrieden war. Was letztlich wirklich in ihm vorgeht, darüber können wir nur spekulieren. Es ist ja bekannt, dass O’Sullivan sich lange mit Depressionen plagte, dazu viel getrunken und gefeiert hat – darüber hatte er in seiner Biographie geschrieben.

Nun folgt ein weiteres Buch und erst dann werden wir wissen, womit sich O’Sullivan beschäftigt hat. ”Im Oktober kommt mein neues Buch raus und da könnt ihr lesen, wie meine Reise verlaufen ist und warum ich eine Auszeit genommen habe. Jeder kann daraus seine eigenen Schlüsse ziehen. Ich wollte keine Pause nehmen und einfach spielen, bekam aber den Rat, es nicht zu tun.“

Damit bleiben natürlich einige Fragen offen. In diesem Statement sagt er, er wollte spielen, nach dem Match gegen Bingham hieß es, er vermisse Snooker nicht. Somit bleibt viel Raum für Spekulationen und es wäre falsch, hier nun damit anzufangen. Ob er wirklich aufhören wird? Wir werden es in ein paar Tagen wissen. Eins ist aber klar, das Buch werde ich lesen.

Snooker-WM in Sheffield: Tag 12

2 Mai

Nun steht also das Halbfinale und muss wohl zweigeteilt betrachtet werden. Favorit gegen Außenseiter wird es im Finale heißen und ob des Draws sehen wir ein vorgezogenes Finale sowie ein Match, in dem eine Spieler ins Finale einziehen wird, den wahrscheinlich kein Snooker-Fan im Vorfeld auf dem Zettel gehabt haben wird.

Was haben wir aus dem bisherigen WM-Verlauf gelernt? Es ist natürlich schwierig, ein Fazit zu ziehen. Doch seitdem Barry Hearn die Saison monströs aufgebläht hat – und das soll keine negative Wertung sein -, ist die Spitze geschmolzen bzw. enger zusammengerückt. Spieler wie Mark Selby, Neil Robertson oder John Higgins scheiterten früh.

Das kann zweierlei Gründe haben. Wie gerade angesprochen, ist die Leistungsdichte höher geworden. Auch die Spieler jenseits der Top 16 kommen häufiger zum Einsatz, treffen in schöner Regelmäßigkeit auf die Top-Spieler. Dadurch kommt es natürlich zu Lern- und Trainingseffekten, die sich nun auszuzahlen scheinen.

Spieler wie Barry Hawkins, Mark Davis, Ricky Walden galten im Vorfeld der Snooker-WM zwar nicht unbedingt als große Favoriten, gingen aber nicht als komplette Außenseiter in ein Match. Früher, ohne PTC-Events und mit nur wenigen Turnieren in einer Saison, gab es kaum die Möglichkeit, sich mit den Stars zu messen. Ein Vorteil für die Breite also.

Im Umkehrschluss bedeutet es aber auch, dass viele Turniere zu spielen sind. Oft genug hatte es Stimmen gegeben, die von einem zu vollen Kalender gesprochen hatten. Gerade in der Zeit, wo man Punkte verteidigen muss. Wie das in der kommenden Saison laufen wird, in der es eine Geldrangliste gibt, ist noch nicht abzusehen, aber es wird wohl eine Entspannung geben, da man sich eher Auszeiten nehmen und ein Turnier auslassen kann.

Die neuen Schuhe von Judd Trump

Die neuen Schuhe von Judd Trump

John Higgins hatte nach seinem Aus in Runde eins auch erklärt, mental vielleicht nicht so fit gewesen zu sein. Viele Spiele bedeuten auch, dass es bei Profis, die bei Turnieren oft weit gekommen sind, am Ende der Saison einfach nicht reichen kann. Die Spieler außerhalb der Top 16 sind hingegen frischer, motivierter und in manchen Fällen auch einfach heiß auf das Weiterkommen – gepaart mit der höheren Dichte der Weltspitze ein Vorteil.

Denn mit meiner Einschätzung, eine kuriose Snooker-WM zu sehen, stehe ich nicht alleine da. Rolf Kalb hatte es auch schon angesprochen, in dieser Anzahl hatte es vermeintliche Überraschungen bisher so noch nicht gegeben. Und nun stehen wir da und sehen zwei sehr interessante Halbfinalspiele bei der Snooker-WM in Sheffield.

Weniger überraschend ist der Einzug von Judd Trump, der auf Ronnie O’Sullivan trifft. Trump gehört zu den Stars und hat im Viertelfinale gegen Shaun Murphy – das wohl beste Match dieser WM – gezeigt, dass er sich durchbeißen kann. Kommt er ins Rollen, ist er eine Gefahr für jeden Gegner. Wobei wir das auch schon vorher wussten.

Er ist der einzige Spieler, dem das Halbfinale wirklich zugetraut wurde. Und Ronnie O’Sullivan? Er war die Wundertüte im Feld, hat bisher aber eine überragende Leistung abgeliefert. Schwächen habe ich bisher keine gesehen. Klar, ein paar Fehler macht auch er, aber alles andere wäre auch nicht denkbar. Er kann die WM locker gewinnen, zu den Gründen habe ich mich ja schon geäußert.

Talent und Lockerheit sind seine Trümpfe. Er muss nichts beweisen, hat schon jetzt mehr erreicht, als er vielleicht von sich erwartet hätte. Ob er seine Lockerheit konservieren kann, werden wir nachher sehen. Sein Sieg gegen Stuart Bingham war …., ja wie soll man es nennen, phänomenal? Ein solch hohes Niveau habe zumindest ich lange nicht mehr gesehen.

Der Sieger hat in jedem Fall eine große Chance, die Snooker-WM zu gewinnen. Aber Achtung! Gerade Barry Hawkins spielt bisher eine starke WM. Das gilt zwar auch für Ricky Walden, aber sein Weg war einfacher. Michael Holt, Michael White sowie Robert Milkins sind nicht die unüberwindbaren Hürden. Hawkins schaltete Jack Lisowski, Mark Selby sowie Ding Junhui aus.

Ich erwarte Hawkins im Finale, aber bisher lag ich mit meinen Tipps auch nicht unbedingt immer richtig. Walden hat stark gespielt, aber bei Hawkins habe ich das Gefühl, als ob er mental stärker ist. Schon beim German Masters hat er beeindruckt und wirkt einfach unaufgeregt. Er spielt in absoluter Top-Form und ich würde ihn gerne im Finale sehen.

Trump sowie O’Sullivan haben den großen Vorteil, dass sie es kennen, auf einem Tisch zu spielen, die volle Atmosphäre im Crucible Theatre schon erlebt haben. Hawkins und Walden entdecken hier Neuland und es ist für sie ganz gut, eine Art Generalprobe zu haben, bevor es im Finale gegen einen erfahrenen Spieler geht. Wer es letztendlich schaffen wird? Wir werden es sehen.

Snooker-WM in Sheffield: Tag 11

1 Mai

Ich schaue schon wirklich lange Snooker, bin praktisch mit Jimmy White aufgewachsen und habe die große Zeit von Stephen Hendry mitbekommen. Ich kann also durchaus behaupten, schon das eine oder andere Spiel gesehen zu haben. Mit Superlativen sollte man grundsätzlich vorsichtig sein, dennoch kann ich mit Fug und Recht behaupten, gestern eine Sternstunde gesehen zu haben.

Ihr habt es wahrscheinlich auch gesehen, es sei denn, Euer Name ist Thorsten und ihr habt den Nachmittag beim Segeln verbracht. Ronnie O’Sullivan hat Stuart Bingham komplett auseinander genommen und sich die erste Session mit 7:1 geholt. Dabei spielte er Breaks von 79, 111, 60, 87, 133 und 78. Es war die beste Leistung eines Spielers, an die ich mich erinnere.

Klar, Bingham hat Fehler gemacht und O’Sullivan Chancen hingelegt. Aber eine Lochquote von zeitweise 98 Prozent ist nicht nur mit leichteren Einsteigern zu schaffen. Gerade die Long Pots fielen reihenweise und der Spielball fand auf dem kompletten Tisch keine sichere Ablage. Mit seinem langen Spiel hatte O’Sullivan zuletzt immer wieder gehadert.

Aber bei dieser WM klappt alles. Ali Carter und Mark Williams haben es via Twitter geschrieben und eigentlich sind sich alle Experten einig, Ronnie O’Sulivan spielt momentan in einer anderen Liga und ist nicht zu schlagen. Zumindest kommt die Frage auf, wer ihn schlagen kann. Und Stuart Bingham ist ja auch kein Fallobst, aber praktisch ohne Chance.

Ronnie O'Sullivan

Ronnie O’Sullivan ist nicht zu stoppen

Vielleicht hat Bingham den Fehler gemacht, das Spiel von O’Sullivan mitgehen zu wollen. Vielleicht muss man es wirklich wie Peter Ebdon machen und dem Spiel komplett das Tempo nehmen, es ein wenig verschleppen. Aber dazu muss man der Typ sein und darf sich selber nicht aus dem Rhythmus bringen.

Von den verbleibenden Spielern fällt mir so niemand ein, der eine realistische Chance hat – sollte O’Sullivan auf dem Level bleiben. Judd Trump und Shaun Murphy zeigen momentan Licht und Schatten. Ihr Match ist spannend ohne Ende, beide gönnten sich allerdings eine komplette Session-Auszeit und logischerweise steht es dort 8:8.

Ding Junhui und Barry Hawkins ….. Hawkins ist ein beinharter Spieler. Vielleicht wäre er der passende Gegner, um O’Sullivan zu stoppen. Gegen Ding Junhui führt er mit 9:7 und ist vielleicht so ein Typ, der sich nicht beeindrucken lässt und sein Spiel gnadenlos durchziehen würde. Bei Ding habe ich da so meine Zweifel, auch wenn er natürlich das Zeug hat, um zu gewinnen.

Ricky Walden spielt zwar eine sehr gute WM, doch halte ich es für unwahrscheinlich, dass er O’Sullivan gefährden könnte – von Debütant Michael White ganz zu schweigen. Spannend wird es, sollte O’Sullivan eine schlechte Session erwischen. Auf seine Reaktion wäre ich sehr gespannt. Fraglich nur, ob es überhaupt so kommt und ob der Gegner dann in der Lage ist, davon zu profitieren.

So sind es bisher die Festspiele des Ronnie O`Sullivan und die Leistungen der anderen Spieler wie Michael White, Ricky Walden usw. geraten ein wenig ins Hintertreffen. Davon kann auch ich mich nicht ausschließen, aber nach der Session gestern bin ich heute immer noch begeistert und freue mich sehr, dass ich die Zeit hatte, um mir diese Sternstunde anzusehen.