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Snooker-WM in Sheffield: Tag 9

29 Apr

Wir haben Bergfest und die Hälfte der Snooker-WM ist nun schon wieder rum. Auf der anderen Seite nehmen die Spieler so langsam richtig Fahrt auf. Nicht umsonst heißt es ja, dass die Halbfinalspiele meist die Duelle sind, in denen das höchste Niveau erreicht wird. Noch sind wir natürlich nicht so weit, aber gestern waren die Sessions teilweise eine Augenweide.

Dabei hat Ali Carter es geschafft, den Rückstand auf Ronnie O’Sullivan erträglich zu gestalten. Bei seiner Quote musste man zwischendurch ja Angst haben, dass er wieder einmal hoffnungslos unterlegen sein würde. Keins der bisherigen zwölf Matches bei Ranglistenturnieren hat er gewonnen. Einzig in der Championship League kam er 2010 zu einem 3:1-Erfolg.

Am Nachmittag spielten beide Akteure auf einem wirklich hohen Niveau. Klar, hie und da gab es natürlich Fehler, aber die gehören zum Sport dazu. Und endlich konnte der Captain sein Spiel auch mal durchziehen – gerade in Frame 13, als er mit einer 63er Clearance den Frame noch stehlen und auf 6:7 verkürzen konnte. Es wird eine packende Abendsession heute geben, da bin ich mir sicher.

Wo wir auch bei der Frage sind, wer denn nun die besten Chancen auf den Titel hat. O’Sullivan spielt trotz der langen Pause ausgesprochen gut, Carter kommt auch langsam auf Temperatur. Und Ding Junhui? Der lag gegen Mark King schon mit 2:6 hinten, aber zeigte gestern eine beeindruckende Leistung und schaffte das Comeback – und wie!

Ronnie O'Sullivan führt gegen den Captain (by World Snooker)

Ronnie O’Sullivan führt gegen den Captain (by World Snooker)

Über die Qualitäten des Chinesen müssen wir nicht groß reden, nur schaffte er es zuletzt nicht so richtig, diese auch auf den Tisch zu bringen. Die zweite Session hat jedoch beeindruckt. Mit 7:1 holte sich Ding die 9:7-Führung und darf ebenfalls Ansprüche auf den Titel anmelden. King freute sich hingegen, immerhin einen Frame gewonnen zu haben.

Und vergessen sollten wir auch nicht Ricky Walden. Der gewann beide Sessions gegen Robert Milkins mit 5:3, führt dementsprechend mit 10:6. An sich hatte ich es ausgeschlossen, Walden im Halbfinale oder gar im Finale zu sehen. Allerdings spielt er bisher sehr beständig und konstant auf einem Niveau. Kaum ein anderer Spieler hat dies bisher geschafft.

So auch Stuart Bingham, der gerade in der ersten Runde unglaubliches Snooker zeigte. Gegen Mark Davis erlebte er, wie auch sein Gegner, einen Einbruch. Beide Akteure mühten sich lange, überhaupt einige Bälle zu lochen. Die Quoten waren bis zum Midsession desaströs und es dauerte, bis es ein ordentliches Match wurde – dort steht es 8:8.

Nun bin ich immer noch nicht schlauer, wer als Favorit taugt, aber das macht diese WM umso spannender. Wenn die Achtelfinals heute durch sind, werde ich wohl nochmal ein Fazit ziehen und schauen, wie die Begegnungen letztlich aussehen. Dabei gibt es mit Shaun Murphy gegen Judd Trump ja schon einen Leckerbissen.

Und ganz nebenbei sollte ich auch erwähnen, dass es in der nächsten Saison vielleicht einen deutschen Spieler bei einem der Turniere zu sehen gibt. Patrick Einsle hat es nämlich geschafft, eine Tourkarte zu gewinnen. Das entscheidende Match gewann er gegen Christopher Keogan mit 4:3 – ein wahrer Krimi. Welche Turniere er spielen wird, steht noch nicht fest.

Denn aus finanziellen Gründen wird er seinen Job behalten und vielleicht schafft er es ja, sich durch die Qualifikation zu quälen, um letztlich auch auf einem der TV-Tische spielen zu können. Es wäre eine tolle Sache für ihn, aber auch für die deutsche Snooker Szene, die ohnehin sehr groß ist. Ein deutscher Spieler würde vielleicht noch einen weiteren Schub geben.