Snooker-WM: Der Favoritencheck Teil IV

15 Apr

Kommen wir also zum letzten Teil der Snooker WM-Vorschau und lösen die Frage auf, wer in diesem Jahr im Crucible Theatre triumphieren und Ronnie O’Sullivan beerben wird. Natürlich ist dies nur meine bescheidene Meinung und vielleicht wird mein großer Favorit schon in der ersten Runde scheitern. Wenn ich mir meine Wettbilanzen so ansehe, wäre es nicht unwahrscheinlich.

Um es vorweg zu nehmen, der Sieger kommt aus der unteren Hälfte des Draws. Bleiben dennoch vier Spieler, die ich bisher noch nicht vorgestellt habe. Und falls ihr den Draw nicht im Kopf habt, dürftet ihr gespannt sein, welchen der folgenden Snooker-Profis ich auf dem Zettel habe: Ronnie O’Sullivan, John Higgins, Mark Allen oder Mark Selby.

John Higgins

Machen wir es einfach: John Higgins wird es nicht. Ohnehin bin ich ein wenig enttäuscht von Higgins, der ein großartiger Spieler ist und mittlerweile auch über einen privaten Trainingsraum verfügt. Er ist der kompletteste Spieler auf der Tour und ich kann wirklich keine Schwäche in seinem Spiel entdecken. Einzig bei Safeduellen gibt es Profis, die ihm überlegen sind.

So gewann er Anfang der Saison direkt das Shanghai Masters, holte sich zudem den Titel bei einem PTC-Event. Ansonsten ist er mir kaum groß aufgefallen. Viele Niederlagen gab es für den Wizard of Wishaw gegen Spieler, die er im Normalfall schlagen müsste. Einzig bei den World Open in China drehte Higgins auf, erreichte das Halbfinale.

Dabei schlug er Stuart Bingham sowie Ding Junhui jeweils mit 5:0. Vielleicht ist meine Erwartungshaltung an ihn auch zu groß, denn ich verfolge seine Karriere seit einer gefühlten Ewigkeit. Und gerade weil Higgins so ein enormes Potenzial hat, ist das Erreichte in dieser Saison zu wenig für meinen ganz persönlichen Geschmack.

Natürlich hat er einen Titel gewonnen und es gibt keinen Snooker-Profi, der es geschafft hat, zwei Ranglisten-Titel in dieser Spielzeit zu gewinnen. Dennoch ist Higgins ein Kandidat für ein Aus in Runde eins. Bei Stuart Bingham habe ich geschrieben, dass ein Viertelfinale machbar ist. Dafür müsste er Higgins in Runde zwei schlagen. Und das halte ich für sehr wahrscheinlich.

Mark Selby

Bei Mark Selby sieht das anders aus. Er ist die Nummer eins der Welt und es ist eine Frage der Zeit, bis er den Titel bei der Snooker-WM gewinnt. Das birgt auch Gefahr in sich, denn alle Welt erwartet es von ihm – dem momentan besten Spieler, der aber noch ohne Krönung ist und auch schon angefeindet wurde. Aber Selby ist nervenstark und ich denke, er wird sich nicht unter Druck setzen.

John Higgins

Seine Saison lief gut. Ein paar Titel auf der PTC Tour wurden getoppt vom Erfolg beim Masters. Zudem konnte Selby endlich einen großen Titel bei einem Ranking Event einfahren. Er setzte sich bei der UK Championship durch. Zwei der großen drei Titel hat er in dieser Saison eingefahren. Die Triple Crown ist also in Reichweite.

Erst drei Spielern gelang das Kunststück, alle drei Titel in einem Jahr zu gewinnen: Steve Davis, Stephen Hendry und Mark Williams. Letzterem gelang dies im Jahr 2003. Es wäre die absolute Krönung für den Jester from Leicester, der es leider verpasste, bei den China Open ein Maximum zu spielen – er scheiterte an der letzten Schwarzen.

Ihn nicht auf der Rechnung zu haben, wäre dumm. Trotzdem, ich glaube nicht an den ganz großen Wurf. Vielleicht ist es zu einfach. In Runde zwei wartet mit Barry Hawkins ein machbarer Gegner, danach – so glaube ich – geht es gegen Mark Allen. So scheitert Selby bereits im Viertelfinale. Sollte er das Spiel gegen Allen gewinnen, dann ist der Titel drin.

Ronnie O’Sullivan

Nun sind wir beim großen Problemfall Ronnie O’Sullivan angelangt. Seine Pause war lang, einzig in einem PTC-Event probierte er sich, unterlag zum Auftakt. Ansonsten genoss er seine Freizeit, bis die Langweile ihn quälte. Ein paar Showmatches hier, ein paar Tage freiwillige Arbeit auf dem Bauernhof dort. Jeder andere Snooker-Profi wäre bei einer WM ohne Chance.

Nun sprechen wir allerdings über Ronnie O’Sullivan, den talentiertesten Spieler, den die Main Tour je gesehen hat – wobei die Meinungen da vielleicht auseinandergehen. Negativ zu bewerten ist die fehlende Matchpraxis. Training ist gut und schön, aber dort gibt es keine Drucksituationen. Dazu muss er auch als Titelverteidiger anreisen und das schwirrt sicher in seinem Kopf herum.

Ronnie O'Sullivan

Auf der anderen Seite ist O’Sullivan gelöst, entspannt und voller Vorfreude. Er liebt den Sport, kann nicht ohne ihn. Und das macht ihn gefährlich. Er muss seinen Titel nicht verteidigen, seine Anspruchshaltung dürfte relativ niedrig sein. So kann O’Sullivan befreit aufspielen und wenn er ins Rollen kommt, dann gibt es kein Halten.

Was bedeutet das nun für die Weltmeisterschaft? Eine Niederlage in Runde eins ist möglich – ohne Zweifel. Nimmt er die erste Hürde, ist alles möglich. Ali Carter ist machbar. Der Captain hat nur ein von 15 Duellen gewonnen. Im Viertelfinale stünde ein Duell mit Stuart Bingham an (sollte ich mit den Tipps richtig liegen). Ich erwarte O’Sullivan im Halbfinale und das wäre eine große Leistung.

Mark Allen

Bliebe also Mark Allen – der zukünftige Weltmeister. Ich bin ehrlich gesagt kein großer Fan des Nordiren. Er ist ein Spieler mit Ecken und Kanten, grundsätzlich also sehr positiv zu bewerten. Für mich aber eine Nummer zu ungeschliffen. Es ist gut, sich nicht alles gefallen zu lassen und nicht alles hinzunehmen, was Barry Haern einem vorsetzt.

Mark Allen auf der Pressekonferenz (Copyright Janie Watkins)

Mark Allen auf der Pressekonferenz (Copyright Janie Watkins)

Aber es gibt so viele andere Beispiele. Seine Vorwürfe gegenüber den Profis aus China sind nur eine Geschichte, die ich komplett überzogen fand. Das soll aber hier keine Berücksichtigung finden, denn meine Vorschau konzentriert sich auf sportliche Aspekte. Auch wenn die Saison des Mark Allen nicht überragend ablief, immerhin verteidigte er seinen Titel bei den World Open.

Oft war zu sehen, dass wenn er in die Bälle kommt, kaum ein Spieler in der Lage ist, ihn zu stoppen. Wirkliche Schwächen sehe ich in seinem Spiel auch nicht. Selten ist er vielleicht zu unkonzentriert, baut noch zu einfache Fehler in sein Spiel ein, wenn er schon vier Züge weiter ist. Ein kommender Weltmeister ist Allen allemal.

Der Weg zum Titel dürfte jedoch hart werden, denn wie schon oft angesprochen, ist die untere Hälfte des Draws knüppelhart. Nach meiner Prognose wird er Ding Junhui, Mark Selby sowie Neil Robertson ausschalten müssen. Aber ich glaube, er ist reif für den Titel – der Knackpunkt wird das Match gegen Mark Selby.

Eine Antwort to “Snooker-WM: Der Favoritencheck Teil IV”

  1. Arvid 15. April 2013 um 20:55 #

    Sehr gelungene Einschätzung, wie ich finde. Allerdings träfe Allen erst im Finale auf Trump, Ronnie oder Carter. Auch traue ich John Higgins wie schon 2011 und 2009 zu, wie aus dem Nichts eine gute Rolle zu spielen, da ihm die langen Distanzen wie kaum einem anderen liegen und er dazu ein knallhartes Matchplay hat.

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